Herzlich willkommen im Kanton Genf! Cardons kennen viele Leute gar nicht. Sie sind auch schwer zu bekommen. Karden, zu deutsch, sind stachelige Stängel die ähnlich wie Artischocken schmecken. Cardon, eine meiner Lieblingsgemüsesorten, weckt bei mir Kindheitserinnerungen. Meine Mutter kannte dieses Gemüse aus der Genferregion. Eine Zeit lang unternahmen wir fast jährlich eine Schweizerreise nach Evian, wo die Cardons im Glas noch verkauft wurden. Mit vollgepackten, tonnenschweren Rucksäcken kehrten wir zufrieden zurück und genossen dieses wunderbare Gemüse zu Hause!
Nun, Jahre später, haben mein Mann und ich uns das Betty Bossi Kochbuch "Schwiizer Chuchi" gekauft. Und siehe da, was finde ich?! Das Rezept "Gratins de Cardons", nicht ganz so zubereitet, wie ich es von meiner Mutter kenne, aber sicher auch schmackhaft.
Ich möchte dir nun also dieses sagenhaft leckere Gemüse näher bringen, auch wenn es schwierig ist, Cardons zu besorgen. In grossen Gärtnereien habe ich auch schon Cardy gesehen für in den Garten. Aber ich habe keine Erfahrungswerte, wie gut sie in unserer Region gedeihen...
Im Welschland dürfen Cardons offenbar an Weihnachten nicht fehlen. Zwischen November und Januar kann man sie dort auf dem Wochenmarkt kaufen.
Geschichte der Cardons
Das Gemüse wird in Genf schon seit mehr als 300 Jahren angebaut. Ende des 17. Jahrhunderts flohen die Hugenotten aus Frankreich nach Genf und pflanzten den Cardy in der Plaine de Plainpalais bei Genf an. Dort herrschten die dafür optimalen Bedingungen. Man nimmt an, dass die Pflanze ursprünglich aus Äthiopien stammt. In Griechenland und Rom war sie schon 500 Jahre vor Christus bekannt. Auch Julius Cäsar schien dem Cardy, Überlieferungen zu Folge, nicht abgeneigt zu sein.
2003 wurde die "Cardon épineux genevois" mit der geschützten Ursprungsbezeichnung AOC ausgezeichnet.
Kultivierung und Verwendung
Cardy wird auch in Spanien, der französischen Provence, Norditalien und in einigen Ländern Südamerikas angebaut. Allerdings unterscheidet sich der Genfer Cardy durch seine Dornen von diesen Sorten. Für die Genfer stehen gerade diese für Geschmack und Qualität.
Seit Generationen wird die besondere Cardy-Sorte in Genf gezüchtet. In den 90er Jahren mussten mehrere Gemüsebauer ihre Cardy-Produktion einstellen, da der spanische Cardy den heimischen zu verdrängen drohte. Im Jahre 2000 gründeten die verbliebenen Produzenten den Verein Cynara, welcher es schaffte, die Cardysorte ab 2003 unter dem Namen "Cardon épineux de Genève" mit der Bezeichnung AOC zu vermarkten!
Die Aussaat des Cardy erfolgt im März. Ende Oktober wird jede Pflanze mit schwarzem Plastik eingehüllt, um das Sonnenlicht fernzuhalten. Die Pflanze wächst weiter, bleicht jedoch aus, da die Photosynthese verhindert wird. Zudem verlieren die Blattstiele so ihre Bitterkeit, werden zarter und nussig im Geschmack. Die Ernte im November wird nach wie vor von Hand betrieben, genauso wie das Rüsten.
Mitte Dezember findet das Genfer Volksfest L'Escalade statt. Zu diesem Anlass darf der Cardy auf der Festtafel nicht fehlen! Wie oben schon erwähnt, ist er auch an Weihnachten als Beilage nicht mehr wegzudenken.
90 Prozent der jährlichen Produktion werden in Genf verkauft. Der "Cardon épineux genevois" ist in der Genfer Kultur tief verankert und in anderen Kantonen der Schweiz nicht so bekannt.
Deshalb mache ich hier etwas Werbung für den Cardy, die Cardons, die einfach einzigartig schmecken! In Delikatessläden müssten die Cardons auch in anderen Kantonen der Schweiz erhältlich sein....
Nun, ich habe die Cardons in der Globus Delicatessa Zürich gefunden. Nach einigen Telefonaten habe ich dann doch diesen sündhaft teuren Preis bezahlt. Demnach müssten die Cardons vergoldet sein!!:-) Also als Weihnachtsgericht ist es ok, aber sonst für unter dem Jahr einfach zu teuer. Also lieber in der Genferregion einkaufen, wenn es geht!
So bereite ich die Cardons zu:
Zeit: ca. 20 min.
Zutaten und Material:
Ein Glas Cardons, niedrige Gratinform, Rahm, Bouillon, Gewürze nach Belieben, ev. Reibkäse (Gruyère mild)
Anleitung Zubereitung:
Cardons nebeneinander in die Gratinform legen.
Etwas Bouillon anrühren und dazu giessen. Dann Rahm dazu und würzen. Wer möchte, kann noch etwas Reibkäse darüber streuen.
Im vorgeheizten Ofen bei 180-200°C, Umluft, überbacken.
In Genf wird zum Cardy vorwiegend Geflügelfleisch oder Schweinebraten serviert.
Traditioneller Cardy-Gratin: (für 4-6 Personen)
1-2 Bündel Cardy (ca. 1kg Cardons aus dem Glas)
3 EL Milch
2 EL Butter
1 EL Mehl
1,5dl Milch
1dl Rahm
Salz
frisch geriebene Muskatnuss
Butter für die Form
100g geriebener Gruyère
Cardy in 3-4cm lange Stücke schneiden und in Salzwasser und wenig Milch weich kochen. (Erübrigt sich beim Cardy aus dem Glas)
Butter und Mehl in der Pfanne dünsten, mit Milch ablöschen und zu einer weissen Sauce kochen. Mit Rahm verfeinern und würzen. Eine Auflaufform mit Butter ausstreichen, Cardy schichtweise, abwechselnd mit Gruyère hineingeben, mit Sauce übergiessen. Bei Oberhitze gratinieren bis sich die Oberfläche leicht verfärbt.
Ich hoffe, es schmeckt!
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